Hartwig Ebersbach
Maler & Grafiker, Leipzig
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Text für das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt vom
November 2002
(Peter Guth)

Hartwig Ebersbach

Hartwig Ebersbach gehört zu den wichtigsten europäischen Vertretern der
gestisch-informellen Malerei der Gegenwart. Das allein wäre bemerkenswert
genug, aber er hat sich seine Position in der Kunstgeschichte nach 1945 in
einem Kontext erarbeitet, der keineswegs landläufig zu nennen ist.

1940 in Zwickau geboren, studierte der heute als Maler, Zeichner, Grafiker,
Bühnengestalter und Plastiker tätige Künstler von 1959 bis 1964 an der Hochschule
für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Hans Mayer-Foreyt und Bernhard Heisig
(war 1960 ursächlich an der Einrichtung einer Malklasse beteiligt. Anm. H.E.).
Von 1979 bis 1983 hatte Ebersbach einen Lehrauftrag für experimentelle Kunst
an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig inne. Von 1981 bis 1983
gehörte er der experimentellen Künstlergruppe „37,2“ an. 1985 erhielt er den
Kunstpreis der Künstler Düsseldorf. Ebersbach ist Mitglied der Akademie der Künste
Berlin, der Sächsischen Akademie der Künste, Dresden und der Freien Akademie
der Künste zu Leipzig.

Allein die biografischen Eckdaten zeigen, dass Ebersbach der Kunstlandschaft,
in der er wirkte, nämlich einer Kunstlandschaft, die den Eigenausdruck des
Individuums vehement bekämpfte, diametral entgegenstand. Hartwig Ebersbach
gehörte zu den ganz wenigen Malern, die in der DDR eine konsequente Ablösung
von der Realismus-Doktrin vollzogen und das kreative, handelnde Individuum in
das Zentrum des Werks stellten. Das hat fast zwingend zu politischen
Auseinandersetzungen geführt, die bisweilen existenzbedrohend waren. Andererseits
machte ihn gerade diese Position zu einer der wichtigsten Leitfiguren für die junge
Generation ... Ebersbach stand für die „andere Malerei“, man könnte auch sagen
für eine Lebens- und Kunstalternative. Ebersbachs künstlerische Position hatte
mithin in der DDR keine Verankerung im offiziellen Kunstbetrieb, sie darf als singulär
gelten. Aber die internationale Kunstszene erkannte relativ schnell seine
Ausnahmestellung. Spätestens seit 1982, mit der Ausstellung „Zeitvergleich“,
wurde ihm zunehmend die internationale Anerkennung zuteil. Zahlreiche wichtige
Museen (in Deutschland z.B. die Nationalgalerie Berlin, die Dresdener
Kunstsammlungen und, mit dem größten Ebersbach-Bestand in öffentlichem Besitz,
die Sammlung Ludwig) und Privatsammlungen in der ganzen Welt wurden auf ihn
aufmerksam.

Ausgehend von der impressiven Malerei Kokoschkas und Corinths entwickelte
Ebersbach zunächst gestisch-figurative Bilder und Installationen. 1978 entstanden
für Friedrich Schenkers „Kammerspiel II - missa nigra“ erstmals Bühnenentwürfe.
Die bisher letzte Bühnenarbeit 1996 realisierte er für „Survival Songs“ an der Oper
Leipzig. 1973 setzte, vermittelt über die Kunstfigur des Kaspar, die als alter ego
des Malers verstanden werden muss, eine psychologisch motivierte, vom Informel,
der Gruppe COBRA, de Kooning und Ensor angeregte Malerei ein. In ihr wurde antike
und christliche Motivik zur Auslotung individueller Seelenzustände und
Standortbestimmungen, oft in umfangreichen Werkkomplexen, Polypticha und
Rauminstallationen zu zeitgenössischen Aussagen anverwandelt. Dabei kam es
vielfach auch zu bildnerischen Umsetzungen von Traumsequenzen. 1992 setzt sein
plastisches Werk ein, das sich, wie auch die Malerei ab diesem Zeitpunkt, mit
afrikanischen Urreligionen befasste. Von hier aus kam es zu einer immer stärkeren
Auseinandersetzung mit Schamanismus, die ab 2000, begleitet von neuen
Maltechniken (Fußmalerei) in die Reflexion der etruskischen Haruspicien, also der
markieren einen Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld zwischen
Ich und Es, der bipolaren Weltauffassung Ebersbachs, die man im weitesten Sinne
als Auseinandersetzung zwischen Außen- und Innenwelt, ja auch zwischen
Menschlichem und Göttlichem betrachten kann. Gleichzeitig verdichtet sich hier
noch einmal das Problem der Urreligionen mit dem Wunsch der Menschen, dass die
Natur, die ja trotz aller Technik noch immer als unberechenbare Gewalt erscheint,
sich den Menschen günstig erweisen möge ...

... Somit sind für den Betrachter – und durchaus auch für unterschiedliche
Betrachteransprüche – Erlebnisschichten gegeben, die die Malerei zum bleibenden
Eindruck werden lassen.

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